Ein Quantensprung ins schwarze Loch

"Die tanzenden Wu Li Meister "

Von Gary Zukav

 

Für alle die Leute die sich noch nicht für eine feste Vorstellung von der Welt entschieden haben, oder die sich zumindest gerne in ihren bisherigen Annahmen erschüttern lassen wollen, kann ich nur raten sich mal mit der Quantentheorie auseinanderzusetzen. Sollte euer physikalisches Verständnis irgendwo zwischen Realschule und Abitur liegen ist das vollkommen ausreichend, wobei auch höher Eingeweihte hier voll auf ihre Kosten kommen dürften. Gary Zukav konfrontiert seine LeserInnen mit einer ganzen Reihe von Erkenntnissen aus dem Bereich der Quantenmechanik, die dazu angetan sind, sich noch mal in Ruhe zurückzuziehen, um das eigene Weltbild gründlich zu überdenken. 

Dabei bleibt er nicht dabei die Physik völlig lösgelöst vom Leben zu betrachten, sondern betrachtet ihre Ergebnisse aus der Perspektive fernöstlicher Denkweise, die ja bekanntermaßen weniger Schwierigkeiten damit hat, die Welt als eine Illusion, als Produkt unserer Anschauung zu akzeptieren. Eingebettet in Mythen und weiterführenden Ideen, gewinnt so die Naturwissenschaft eine gewisse psychologische und philosophische Note, deren Funktion bisher noch nicht genügend ausgewertet wurde.

Hier ein paar Auszüge, viel Spaß beim Lesen! 

 

"Materie ist in Wirklichkeit eine Reihe von unscharfen Mustern. Die Suche nach dem allerletzten Material, aus dem das Universum besteht, endet mit der Entdeckung, dass es so etwas gar nicht gibt."

"Falls es irgendeinen allerletzten Stoff gibt, aus dem das Universum besteht, so ist es reine Energie, aber subatomare  Partikel bestehen nicht aus Energie, sie sind Energie. Subatomare Wechselwirkungen sind daher Wechselwirkungen zwischen Energien. Auf der subatomaren Ebene gibt es keine klare Trennungslinie zwischen dem Ergebnis und der Ursache, zwischen dem Handelnden und der Handlung. Auf der subatomaren Ebene sind Tänzer und Tanz eins."

Der Elementarteilchenphysik zufolge besteht die Welt grundsätzlich aus tanzender Energie; aus Energie, die überall vorhanden ist, und die ständig wechselnde Formen annehmen. Was wir Materie nennen, wir ständig erzeugt, vernichtet und wieder erzeugt. Das geschieht, wenn Partikel zusammenwirken, und es geschieht buchstäblich aus dem Nichts."

"Wo eben noch nichts war, ist auf einmal etwas, und im Nu ist dieses Etwas wieder verschwunden; oft hat es sich in etwas anderes umgewandelt, bevor es verschwand. In der Elementarteilchenphysik gibt es keinen Unterschied zwischen leer und nicht leer oder zwischen etwas und nicht etwas. Die Welt der Elementarteilchenphysik ist eine Welt der funkelnden Energie, die mit sich selbst in Gestalt ihrer Partikel tanzt. Die blitzen in ihrer Existenz, huschen wieder hinaus. sie kollidieren, wandeln sich um und verschwinden wieder."

"Die Weltsicht der Elementarteilchenphysik ist ein Bild vom Chaos unter der Ordnung. Auf der fundamentalsten Ebene herrscht eine Konfusion kontinuierlicher Erschaffung, Vernichtung und Umwandlung. Über dieser Konfusion schwebt ein Satz von Erhaltungsgesetzen, der die Vielfalt der Formen, in die das Chaos sich realisieren kann, begrenzt. Diese Gesetze bestimmen nicht, was geschehen muss, sondern was nicht geschehen kann. Sie sind Zulässigkeitsgesetzte. Auf der subatomaren Ebene geschieht alles, was die Erhaltungsgesetze nicht verbieten. Die Quantentheorie beschreibt die Wahrscheinlichkeit von Möglichkeiten, die die Erhaltungsgesetze zulassen."

 "Im oberen Bild kann man in einem Raum-Zeit-Diagramm zwei Ereignisse beobachten. Im unteren rechten Teil stoßen zwei Photonen zusammen und erzeugen damit ein Elektronen- Positronenpaar. Die übliche Deutung der Ereignisse würde  wie folgt aussehen: ein Elektron fliegt nach rechts weiter, das Positron nach links, wo es auf ein weiteres Elektron trifft, das von links unten in das Diagramm eingetreten ist. Sie vernichten sich bei ihrer Kollision gegenseitig und erzeugen dabei zwei Photonen, die sich in entgegengesetzter Richtung entfernen.

Die in der Quantenfeldtheorie bevorzugte Deutung  kommt mit einem Teilchen aus. Ein Elektron tritt von unten links in das Diagramm ein und bewegt sich durch Raum und Zeit, bis es in Punkt A zwei Photonen emittiert. Dadurch wird seine Marschrichtung in der Zeit umgekehrt, es bewegt sich als Positron rückwärts, absorbiert an Punkt B zwei Photonen, ändert nochmals seine Marschrichtung in der Zeit, wird wieder zum Elektron. An Stelle von drei Partikel kommt sie mit nur einem Teilchen aus, das sich von links nach rechts bewegt. Es bewegt sich zuerst zeitlich vorwärts, dann rückwärts, dann wieder vorwärts."

"Dies ist der statische Typ eines Raum–Zeit–Bildes, das Einstein in seiner Relativitätstheorie beschrieben hat. Wenn wir eine Zeitspanne  so überblicken könnten, wie einen Raum, so könnten wir sehen, dass sich die  Ereignisse nicht im Laufe der Zeit entwickeln, sondern komplett darbieten, wie auf einem Gemälde auf dem Gewebe der Raum- Zeit. In solch einem Gemälde sind Vorwärts- oder Rückwärtsbewegungen in der Zeit nicht bedeutsamer, als Vor- oder Rückwärtsbewegungen im Raum."

"Die Illusion, dass sich die Ereignisse in der Zeit entwickeln, ist eine Folge unseres ganz bestimmten Bewusstseintypus, der uns zu einem gegebenen Zeitpunkt immer nur einen engen Ausschnitt des gesamten Raum-Zeit - Bildes sehen lässt.

„ In der Raum-Zeit ist alles, was für uns Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft  ausmacht, als ein großes Ganzes gegeben....  Jeder Beobachter entdeckt in dem Maße, wie seine Eigenzeit abläuft, gleichsam neue Abschnitte in der Raum-Zeit, die ihm als die sukzessiven  Aspekte der materiellen Welt erscheinen, obwohl in Wirklichkeit die Gesamtheit der Vorgänge, die die Raum-Zeit konstituieren, der Erkenntnis vorangeht. Der Grund dafür, dass wir eine Vor- und Rückwärtsbewegung in der Zeit nicht erleben, so sagen die Kernphysiker, hängt mit der Entropie zusammen. Jeder in sich geschlossene Teil des Universums enthält eine Tendenz zur Unordnung, die sich auf Kosten der Ordnung ausbreitet. Lassen wir zum Beispiel einen Tropfen Tinte in ein Glas Wasser fallen. Anfangs herrscht Ordnung, d.h. alle Moleküle des Tintentropfen befinden sich in einem kleinen Bereich für sich, und das klare Wasser  ist noch nicht mit der Tinte vermischt. Im Laufe der Zeit bewirkt jedoch die natürliche molekulare Bewegung, dass sich mehr und mehr mit den Wassermolekülen vermischen, bis sie schließlich gleichmäßig verteilt sind. Es liegt jetzt ein homogenes Gemisch vor, ohne Struktur oder Ordnung – eine graue Einförmigkeit, das ist die maximale Entropie."

"Die Erfahrung hat uns gelehrt, das zunehmende Entropie der Vorwärtsbewegung der Zeit entspricht. Es ist natürlich theoretisch möglich, dass wir den Tintentropfen sich zusammenziehen sehen, und das Wasser immer klarer wird, aber die Wahrscheinlichkeit eines solchen Ablaufs ist so gering, dass es wahrscheinlich nie vorkommt. Kurz die Zeit „fließt“ in Richtung der größten  Wahrscheinlichkeit, und das ist die Richtung der zunehmenden Entropie."

"Die Theorie von der zunehmenden Unordnung bzw. der zunehmenden Entropie bezeichnet man als den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik. Dieser ist statistischer Art, was bedeutet, dass er nur anwendbar ist, wenn in einer gegebenen Situation viele Einzelelemente vorliegen, auf die man sich beziehen kann. Allgemein gesagt werden subatomare Teilchen als derart isolierte kurzlebige Einheiten aufgefasst, dass dieser Hauptsatz für sie nicht gilt.  Er gilt jedoch für  Moleküle, die im Vergleich zu subatomaren Teilchen schon recht kompliziert sind, für lebende Zellen, die komplizierter sind, und für Menschen, die aus Milliarden von Zellen bestehen."

"Nur auf der subatomaren Ebene, der Quantenebene hat das Vorwärtsfließen der Zeit keine Bedeutung."

"Es ist jedoch die Vermutung geäußert worden, und es gibt auch einige Hinweise darauf, dass das Bewusstsein auf  den fundamentalsten Ebenen ein Quantenprozess ist. Zum Beispiel kann das auf Dunkelheit eingestellte Auge ein einzelnes Photon wahrnehmen. Damit wird vorstellbar, dass wir durch Erweiterung unseres Bewusstseins auf Funktionen, die normalerweise jenseits unserer Grenzen liegen, dieser Prozesse selbst gewahr werden können."

"Wenn das Fließen der Zeit auf der Quantenebene keine Bedeutung hat und wenn wir in uns selbst dieser Vorgänge gewahr werden können, dann ist auch vorstellbar, dass wir imstande sind, die Zeitlosigkeit zu erfahren. Wenn wir die fundamentalsten Funktionen unserer Psyche erfahren können, und wenn diese quantenhafter Natur sind, dann ist es möglich, dass die gewöhnlichen Begriffe von Zeit und Raum für sie überhaupt keinen Gültigkeit haben. Es wäre äußerst schwierig eine solche Erfahrung rational zu beschreiben („ In einem Sandkorn die Unendlichkeit/Und die Ewigkeit in einer Stunde), doch sie wäre sehr real."

"Aus diesem Grund sollten vielleicht die Erfahrungen von Zeitverzerrung und Zeitlosigkeit, über die die indischen Gurus oder die Leute hier im Westen nach einem LSD-Trip berichten, nicht von vornherein als Spinnerei abgetan werden."

"Subatomare Partikel sitzen nicht einfach so rum uns sind halt subatomare Partikel, sie sind wahre Bienenschwärme von Aktivität. Zum Beispiel emittiert und absorbiert ein Elektron ständig Photonen. Dies sind aber keine ausgewachsenen Photone, sondern solche vom Typus „ Jetzt sind sie da und jetzt sind sie wieder weg“. Sie verhalten sich fast genauso wie richtige Photonen, nur dass sie sich nicht selbständig bewegen. Sie werden fast sofort nach ihrer Emission wieder reabsorbiert. Daher nennt man sie virtuelle Photonen."

"Mit anderen Worten: Zuerst existiert nur ein Elektron, dann sind plötzlich ein Elektron und ein Photon  vorhanden, und dann wieder nur ein Elektron. Dieser Vorgang verstößt natürlich gegen das Erhaltungssatz der Masse - Energie, der besagt, dass wir nichts ohne Gegenleistung bekommen können. Der springenden Punkt ist, dass der leere Raum nicht wirklich „nichts“ ist, sondern unendlich viel Energie enthält. (Nach einer Theorie wird ein virtueller Vorgang durch einen mit Überlichtgeschwindigkeit verlaufenden Sprung von Negentropie (Information) ausgelöst, der kurz einen Teil dieser unendlichen Energie des Vakuums so organisiert, dass virtuelle Partikel entstehen.)"

"In der Quantenfeldtheorie bekommen wir aber etwas für nichts, allerdings nur für den tausendbillionsten  Teil einer Sekunde. Die Möglichkeit, dass ein solcher Prozess ablaufen kann, liegt in der Heißenbergischen Unschärferelation begründet. Die besagt in ihrer ursprünglichen Form, dass wir um so weniger über den Impuls einer Partikel wissen, je genauer wir seine Position kennen und umgekehrt. Neben der reziproken Unsicherheit über die Position und Impuls, gibt es auch eine reziproke Unsicherheit über Zeit und Energie. Je geringer die Unsicherheit über die Dauer eines subatomaren Vorgangs"

"Die Wellenfunktion ist als komplette Beschreibung der Welt gedacht, und das was sie beschreibt, ist sowohl ideenhafter als auch materiell, daher muß die Welt ebenso ideenhafter als auch materiehafter Natur sein.  Mit anderen Worten, die Welt kann gar nicht so sein, wie sie uns erscheint. Wenn die Auffassung der Quantentheorie zutrifft, dass ein genaue Beschreibung der Substruktur, die der Erfahrung zugrunde liegt, nicht möglich  ist, dann gibt es keine materielle Welt im üblichen Sinne des Begriffs."

"Um die Wellenfunktion zu einer gegenständlichen Realität werden zu lassen, braucht es ein beobachtendes System. Irgendeine Art der Feststellung wir benötigt, sonst existiert alles nur als eine sich endlos fortpflanzende Anzahl von Möglichkeiten. Eine Theorie der Quantenmechanik besagt jedoch, dass jede Möglichkeit Realität wird, jedoch auf unterschiedlichen Ebenen, in Welten, die in Koexistenz zu unseren eigenen bestehen. Jeder Zustand eines Systems steht auf eigenartige Weise in Wechselwirkung mit den Zuständen der übrigen Subsysteme, die das Ganze bilden, von dem jener Zustand ein Teil ist. Jeder Zustand des beobachteten Systems steht mit einen bestimmten Zustand des beobachtenden Systems in Wechselwirkung. Anders ausgedrückt, die Viele- Welten-Theorie definiert jede spezielle Art von Realität, die sich uns gegenüber als Ergebnis der Wechselwirkung zwischen Beobachter und Beobachtetem vergegenständlicht, als nur ein Teil der Auflösung der Wellenfunktion. Nach dieser Theorie sind alle anderen Zustände, die sich hätten ergeben können, ebenfalls Realität geworden, auf anderen Ebenen, die alle zusammen die verschieden Arten bilden, auf die die Wellenfunktion des Universums sich ausbreiten kann."

„ Die ganze Vergangenheit und die ganze Zukunft treffen sich genau in einem einzigen Punkt – dem Jetzt – und werden sich darin immer treffen. Das Jetzt  eines Individuums hat seinen speziellen Aufenthaltsort im Hier, und niemals, wird es irgendwo anders zu finden, ganz gleich wo der Beobachter steht.“

 „Nur die Vereinigung von Raum und Zeit wird zu einer unabhängigen Realität“

 

 

Im übrigen findet sich in der GEO- Ausgabe 1/99 einige  interessante Berichte die diesen Zusammenhang zwischen Wissenschaft und Mystik aufgreifen. Unter anderem ein Gespräch  zwischen Quantenphysikern und Vertretern des Buddhismus.

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Hintergrund: Quantentheorie